Drogen vom Arzt? Unter bestimmten Umständen auch in Deutschland erlaubt.
Drogen abzugeben, beziehungsweise deren Ersatz, um Abhängige und deren Drogenprobleme zu reduzieren, vielleicht sogar einen Weg in ein drogenfreies Leben zu ermöglichen, ist seit 2005 unter bestimmten Voraussetzungen erlaubt. Im Juli dieses Jahres billigte das Bundeskabinett den „Aktionsplan“. Dieser hatte zum Ziel die Abgabe der Ersatzdroge Methadon unter ärztlicher Aufsicht zu gewährleiten.
Aber Ärzte sind am Wochenende meist schwer zu erreichen, eine Drogen – Substitution an diesen Tagen also schwer durchzuführen. Deshalb kann im Rahmen der sogenannten „take-home-Regelung“ die Dosis für einen oder mehrere Tage mitgegeben werden.
Und genau da liegt häufig der Hase im Pfeffer!
Denn natürlich unterliegt die Verordnung von Betäubungmitteln vorallem zur Substitution genauen rechtlichen Regelungen. Und Ärzten unterlaufen gelegentlich Fehler bei deren Einhaltung. Mal wird ein vorgeschriebener Drogentest vergessen um sogenannten „Beikonsum“ zu entdecken, bzw. auszuschließen.
Mal wird es mit der Dokumentation der Abgegebenen Menge Methadon oder L-Polamidon nicht so genau genommen, oder einfach viel zu viel mitgegeben.
All diese Verstöße haben eines gemeinsam: sie führen zum Verlust der Aprobation !
Auch „unbeabsichtigte Fehler“ können also ernsthafte Konsequenzen haben. In Gerichtsverfahren folgt einer empfindlichen Geldstrafe eben auch schnell ein mehrjähriges Berufverbot.
Ärzte klagen dann, um wenigstens die Rücknahme des Berufsverbotes zu erreichen. Mit wenig Erfolg, wie ein Fall aus dem Mai 2015 zeigt. Der 8. Senat des Oberverwaltungsgerichtes wies die Berufung eines Arztes zurück (AZ 8 LC 123/14).
Der Arzt hatte einem Patienten im September 2010 auf mehrere Privatrezepten insgesamt 900 (!) Tabletten Flunitrazepam zum eigenverantwortlichen Entzugsversuch im Ausland verschrieben. In der Vorgeschichte war dieser Patient nicht nur von mehreren Drogen abhängig , er war auch im selben Jahr wegen Handel mit Betäubungsmitteln wiederholt polizeilich „in Erscheinugn getreten„. Darunter auch Flunitrazepam, wovon er zum Zeitpunkt der Verordnung ebenfalls noch abhängig war. Ein stationärer Entzugsversuch war bereits gescheitert.
Also nicht gerade der geeignete Kandidat für die Verordnung einer solchen Menge. Leider nahm der Patient die verordneten Tabeltten als Beikonsum zu Heroin und viel in eine stundenlange Ohnmacht.
Zwar wurde das gegen den Arzt gerichtete Strafverfahren eingestellt, allerdings widerrief der niedersächsische Zweckverband zur Aprobationserteilung (NiZzA) die ärztliche Aprobation. Der Arzt sei aufgrund seines Felhverhaltens „unwürdig zur ausübung des ärztlichen Berufes“.
Der Wideruf des Arztes vor Gericht blieb erfolglos. Er habe seinen Patienten durch sein Verschreibungsverhalten in Lebensgefahr gebracht. Weder habe er die Überwachung des Entzugsversuches im Ausland sichergestellt, noch die Wechselwirkunges des Flunitrazepames bei bekanntem oder naheliegendem Beikonsum bedacht. Dazu komme noch der Verstoß gegen das Betäubungsmittelgesetz.
Denn Flunitarzepam darf in solch hohen Mengen nicht verschrieben werden (Höchstverschreibung). Der Tagedbedarf von höchsten 2 mg darf im Regelfall nur für 4 Wochen, also 30 Tage verordnet werden. Und nicht für 450 Tage, wie geschehen. Außerdem war auf den Rezepten kein behauptetes Entzugskonzept dokumentiert.
Fazit: Ärzt, die die Zulassung zur Substtutuionstherapie haben oder anstreben, sollten sich viel Zeit nehmen, um sich mit den Bestimmungen des Betübungsmittelgesetzes vertraut zu machen. Auch über dessen Änderungen, die gelegentlich vom Gesetzgeber vorgenommen werden, sollten sie sich aktuell informieren, um strafrechtlichen Konsequenzen aus dem Wege zu gehen und ihre Zulassung zu behalten. Neben diesen Bestimmungen gilt es auch den einzelnen Patienten vorher einzuschätzen. Denn sicherlich erscheint der o.g. Patient weder aus Sicht der urteilenden Richter, noch aus ärztlicher Sicht nicht geeignet einen „eigenverantwortlichen Entzungsversuch“ durchzuführen.
Rät Ihnen: Petra Wichmann-Reiß, Fachanwältin für Medizinrecht